ab 14 Jahren

Krokodil im Nacken

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Wes­halb bezeich­nen eigent­lich fast alle Kri­ti­ker Klaus Kor­dons gro­ßen DDR-Roman „Kro­ko­dil im Nacken” als „Jugend­buch”? Ist es eine gewohn­heits­mä­ßige Eti­ket­tie­rung, weil vie­les, was der Autor schreibt, Jugend­li­che fesselt?

Kor­dons gera­der Stil und die Tat­sa­che, dass seine Hel­den meist junge Men­schen sind, haben ihm den Ruf eines Jugend­buch-Autors ein­ge­bracht. Dass er sei­nen Lesern in vie­len Büchern – wie übri­gens auch im „Kro­ko­dil” – Geschichte ver­mit­telt, indem er all­täg­li­che Lebens­wirk­lich­keit dar­stellt, hat bestimmt noch dazu beigetragen. 

Inso­fern ist das „Kro­ko­dil” ein typi­scher Kor­don. Und es ist kein Wun­der, dass auf­ge­weckte Jugend­li­che das Buch ver­schlin­gen. Die Jugend­jury des deut­schen Jugend­li­te­ra­tur­prei­ses erkor das „Kro­ko­dil im Nacken” 2003 zum bes­ten Buch des Jahres. 

Zitat: „Klaus Kor­don beschreibt die Stasi-Haft und die Ver­gan­gen­heit von Man­fred Lenz so, dass wir Leser mit­er­le­ben, wie Manne zum Man­fred wird. Seine Kind­heit im Heim und auf der ‚Insel der Jugend’ ist so rea­lis­tisch dar­ge­stellt, dass wir uns heute vor­stel­len kön­nen, wie eine Jugend vor eini­gen Jahr­zehn­ten jen­seits des ‚Eiser­nen Vor­hangs’ aus­ge­se­hen hat. Es ist zwar eine Zeit, über die wir Schü­ler im Geschichts­un­ter­richt hören, zu wenig aber erfah­ren wir über ein­zelne Men­schen, über das All­täg­li­che, fernab von Staats­ver­trä­gen und Wett­rüs­ten. Genau das hat uns an die­sem Buch so sehr gefal­len, es geht um Ein­zel­schick­sale, um Stasi-Offi­ziere ebenso wie um Man­fred und Hannah.”

In zwei sich abwech­seln­den Strän­gen erzählt Kor­don von der Haft und vom Vor­le­ben des Man­fred Lenz. Beide Erzähl­stränge sind so stark, dass man immer wei­ter lesen möchte, sie am liebs­ten gleich­zei­tig auf­sau­gen würde. Nicht nur des­halb ist das „Kro­ko­dil im Nacken” durch­aus auch auf­ge­weck­ten Erwach­se­nen zu empfehlen.

Für alle Kor­don-Fans ist es ohne­hin ein Muss. Denn in die­sem Buch ver­ar­bei­tet der Autor seine eigene Geschichte. Der Vater im Krieg gestor­ben, die Mut­ter nicht viel spä­ter. Die Jugend in ver­schie­de­nen DDR-Hei­men, dann die wech­seln­den Berufe, der sich ein­stel­lende Erfolg, das Fern­stu­dium, die Rei­sen als Export­kauf­mann nach Indien und Indo­ne­sien, die zuneh­mende Distanz zum Über­wa­chungs-Staat, die innere Emi­gra­tion – und schließ­lich der geschei­terte Ver­such, der stän­di­gen Bevor­mun­dung durch die Flucht über Bul­ga­rien zu ent­kom­men. Die fol­gende Stasi-Haft, die Zwei­fel, die Iso­la­tion. Die Sor­gen um Frau und Kin­der, das Miss­trauen jedem Mit­häft­ling gegen­über: Ist der etwa von der Stasi beauf­tragt, mich aus­zu­h­or­chen? Die Hoff­nung, mög­li­cher­weise von der Bun­des­re­pu­blik frei­ge­kauft zu werden.

All das ist nicht nur die Geschichte von Man­fred Lenz. Es ist das Leben von Klaus Kor­don selbst. Drei­ßig Jahre war er, als ihn die DDR 1973 end­lich los­ließ. Noch ein­mal drei­ßig Jahre hat Kor­don gebraucht, bis er alles nie­der­schrei­ben konnte.

Das „Kro­ko­dil im Nacken” ist ein beein­dru­cken­der Roman gewor­den. Stel­len­weise ist er so bedrü­ckend, dass man es kaum aus­hält. Und dann wie­der hei­ter, gelas­sen und wit­zig. Wie es einer schafft, bei allem erlit­te­nen Unrecht nicht zu ver­bit­tern – auch davon erzählt das „Kro­ko­dil im Nacken”.


Von: Klaus Kordon
Ver­lag: Beltz & Gelberg
Jugend­buch ab 14 Jahren
ISBN: 978–3407786326
Taschen­buch: 800 Seiten
For­mat: 18,4 x 12,6 x 4,2 cm
Rating: 4.9/5. From 9 votes. 
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