12.000 Euro für einen Raben und das Glück
Die Kranichsteiner Jugendliteraturstipendien 2015 sind vergeben. Der Deutsche Literaturfonds und der Arbeitskreis für Jugendliteratur wählten Corinna Antelmann für ihren Roman „Der Rabe ist Acht” und Martin Kordić für sein Debüt „Wie ich mir das Glück vorstelle” aus.
Beide Autoren erhalten jeweils ein sechsmonatiges Stipendium in Höhe von 12.000 Euro. Das soll es ihnen ermöglichen, unabhängig von den Erfordernissen des Marktes unter finanziell gesicherten Lebensumständen ein nächstes Buch in Angriff nehmen zu können.
von Corinna Antelmann
Gebundene Ausgabe: 200 Seiten
Mixtvision Verlag
ISBN: 978–3944572055
Vom Verlag empfohlenes Alter: 14 – 17 Jahre
Aus der Jurybegründung: „Corinna Antelmanns Roman ist ein radikales Erzählexperiment. Zwei Jugendliche, hochintelligent und reflektiert, wollen Schicksal spielen – bis hin zu geplanten Morden. Davon und von den Gründen dafür erzählen sie abwechselnd, jeder aus der eigenen Perspektive: Maja seziert das Rollenverhalten von Eltern, Mitschülern und Lehrern, vor allem aber das eigene als Musterschülerin. Klebe sucht, pendelnd zwischen Spiel und Ernst, den Sinn des Lebens in kabbalistischer Zahlenmystik und geht als Schlaumeier nicht nur seinen Lehrern auf die Nerven. Maja ist voller Wut, und Klebe weist dieser Wut eine Richtung. Wie in einem Laborversuch werden die Zutaten – enttäuschte Erwartungen, Selbsthass und gekränkte Eitelkeiten – gemischt. Der Leser folgt zwei unzuverlässigen Stimmen, fasziniert von der Handlung und vom Dialog der beiden, aber der Roman setzt nicht auf Identifikation mit den Helden, sondern auf die distanzierte Betrachtung der Dynamik ihrer Beziehung.”
von Martin Kordić
Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Carl Hanser Verlag
ISBN: 978–3446245297
Aus der Jurybegründung: „Martin Kordic erzählt vom Bürgerkrieg in Ex-Jugoslawien und von einer Stadt, die vielleicht Mostar sein könnte. Der etwa 13-jährige Viktor, von Geburt an ein verkrüppeltes Kind, beschreibt sein Leben inmitten des Krieges: als Kind, dessen Familie ausgelöscht ist, als Kind in einem Heim, als Kind unter anderen Kindern, die Überlebensgemeinschaften bilden, aber nicht aus Anteilnahme sondern aus kalkulierter Nützlichkeit. Die Erfahrung von Gewalt formt die Charaktere wie die Struktur des Romans. Es wird in Vor- und Rückgriffen erzählt, mal in der ersten, mal in der dritten Person Singular, und konsequent im Präsens, weil alles immer Gegenwart bleibt, weil kein Unheil vergessen werden kann. Viktor berichtet distanziert und nüchtern von sich selbst, als müsse er sich vor den eigenen Erfahrungen schützen. Der eingeschränkte Blickwinkel des Halbwüchsigen lenkt die Sicht des Lesers auf den universellen Schrecken des Krieges und auf die Verwüstungen, die er in der Seele eines Menschen hinterlässt.”
(20. März 2015)