Der kleine Bär
Als Else Holmelund Minariks kleine Tochter begann, sich für das Lesen zu interessieren, gab es in den USA kaum ein geeignetes Buch für sie. Nur grottig langweilige Lesefibeln ohne Sinn für eine gute Story. Sie verhinderten den Spaß am Lernen eher, als ihn zu unterstützen.
Also setzte sich Minarik hin und schrieb einfach selbst eine Geschichte. Mit knappen Sätzen, simplen Worten, liebevollem Humor und einer niedlichen Handlung über einen kleinen Bären und seine Mama. Minarik fertigte Kopien für die Kinder der Schule, an der sie unterrichtete. Und als ihre Schüler ebenfalls begeistert waren, suchte und fand sie einen Verlag, der ihr einen jungen Illustrator zur Seite stellte. Das war 1957.
Else Holmelund Minariks kleiner Bär wurde ein grandioser Welterfolg mit zahlreichen Fortsetzungen und Übersetzungen. Der junge Illustrator – Maurice Sendak – wurde später mit seinem Monsterwunderwerk „Wo die wilden Kerle wohnen” selbst weltberühmt.
In Deutschland waren die Büchlein vom kleinen Bären leider lange vergriffen. 2013 hat der Aladin-Verlag begonnen, sie in neuer Übersetzung wieder aufzulegen. Es sind bezaubernd einfache Geschichten mit knuddelsüßen Details und Pointen. Im ersten Band („Der kleine Bär”) will der kleine Bär zum Beispiel einmal zum Mond fliegen. Aus einem Karton bastelt er sich einen Astronautenhelm. Mutter Bär hat Einwände und streut leise Zweifel: „Wenn du hochspringst, landest du vielleicht mit einem Plumps wieder auf dem Boden.” Der kleine Bär schlägt sie in den Wind: „Kann sein. Aber ich geh jetzt. Such mich einfach oben am Himmel.” Worauf Mutter Bär antwortet: „Sei zum Essen zurück.”
Ja, so benimmt sich ein Bilderbuch-Muttertier wie es sich jeder kleine Bär wünscht. Es sagt nicht: So eine Schnapsidee! Es sagt: Sei lieber nicht enttäuscht, wenn es vielleicht nicht klappt. Es spielt mit, wenn das Jungtier kurz darauf so tut, als sei es tatsächlich auf dem Mond gelandet (wo zufälligerweise alles genauso aussieht wie auf der Erde). Und wenn der kleine Bär genug von dem absurden Spiel hat, nimmt sie ihn in den Arm und sagt: „Natürlich bist du mein Kleiner Bär, das weiß ich doch.”
Herzlich, schlicht und schön – so wie diese sind alle vier Geschichten aus dem ersten Band. Der Verlag empfiehlt sie für Kinder ab fünf Jahren und meint damit vermutlich junge Selbstleser – für die Minarik die Reihe ja konzipiert hatte. Vorlesen kann man die Geschichten aber auch schon jüngeren Kindern sehr gut.
Von: Else Holmelund Minarik, illustriert von Maurice Sendak, neu übersetzt von Erdmut Gross
Verlag: Aladin
Kinderbuch ab 5 Jahren
ISBN: 978–3848920204
Gebundene Ausgabe: 64 Seiten
Format: 18,1 x 1,2 x 22,3 cm