ab 5 Jahren

Erikas Geschichte

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Holocaust-Kinderbuch: Erikas Geschichte - Vander Zee, Innocenti

Der Holo­caust ist ein schwie­ri­ges und den­noch wich­ti­ges Thema – auch für Kin­der. Denn wenn es etwas Gutes am Schreck­li­chen gibt, dann doch nur, dass wir dar­aus ler­nen kön­nen: Nie wie­der! Und darum dür­fen wir und unsere Kin­der nicht ver­ges­sen, was pas­siert ist. 

Wir müs­sen mit ihnen über den Holo­caust spre­chen, um zu ver­hin­dern, dass jemals wie­der eine Par­tei auch nur in die Nähe der Macht kommt, die Hass sät. Min­des­tens das sind wir den Opfern schuldig.

Ruth Van­der Zee und Roberto Inno­centi haben mit „Eri­kas Geschichte” ein Buch geschaf­fen, das dabei hilft, schon mit Vor- bzw. Grund­schul­kin­dern über den Holo­caust ins Gespräch zu kom­men – behut­sam, aber ehr­lich. Das Buch ver­klärt nichts. Es nennt gleich zu Beginn die furcht­ba­ren Fak­ten: „Zwi­schen 1933 und 1945 wur­den sechs Mil­lio­nen Ange­hö­rige mei­nes Vol­kes ermor­det”, berich­tet die Erzäh­le­rin, eine Frau namens Erika. „Viele wur­den erschos­sen. Viele wur­den ver­hun­gern gelas­sen. Viele wur­den ver­brannt oder vergast.”

Holocaust-Kinderbuch: Erikas Geschichte - Vander Zee, Innocenti

In der Knapp­heit die­ses Ein­stiegs liegt ein Hor­ror, den auch Kin­der füh­len. Aber er bleibt abs­trakt genug, um sie nicht zu über­for­dern. Dann fährt Erika fort, und ihre Geschichte wird kon­kret. „Ich wurde irgend­wann wäh­rend des Jah­res 1944 gebo­ren. Ich kenne mein Geburts­da­tum nicht. Ich kenne mei­nen Geburts­na­men nicht. Ich weiß nicht, in wel­cher Stadt oder in wel­chem Land ich gebo­ren wurde. Ich weiß nicht, ob ich Geschwis­ter hatte oder habe.”

Erika war nur wenige Monate alt, als die Nazis sie und ihre Fami­lie depor­tier­ten. Aber ihre Mut­ter ret­tete sie durch eine herz­ze­rei­ßende Tat. Auf der Fahrt ins Ver­nich­tungs­la­ger warf sie ihr Baby aus dem Wag­gon des Zuges. „Sie warf mich auf eine kleine Wiese neben einem Eisen­bahn­über­gang. Men­schen, die dort stan­den, sahen, wie sie mich aus dem Vieh­wag­gon warf. Auf ihrer Fahrt in den Tod warf meine Mut­ter mich ins Leben.”

Holocaust-Kinderbuch: Erikas Geschichte - Vander Zee, Innocenti

Den Rest ihrer Geschichte kann Erika nicht mit Gewiss­heit erzäh­len. Die Fra­gen, die sie stellt, sind umso bewe­gen­der. „Hat sie sich durch die vie­len Men­schen zur höl­zer­nen Wagen­wand gedrängt? Und als sie mich in eine warme Decke gewi­ckelt hat, hat sie dabei mei­nen Namen geflüs­tert? Hat sie mein Gesicht mit Küs­sen bedeckt und mir gesagt, dass sie mich liebt? Hat sie geweint? Hat sie gebetet?”

Das kann jedes Kind ver­ste­hen: Was muss es für eine aus­weg­lose Situa­tion sein, in der eine Mut­ter ihr Kind aus dem Zug wirft, um es zu ret­ten? Da muss man gar nicht mehr detail­liert über die Todes­la­ger spre­chen, über die Selek­tio­nen, die Schorn­steine, die Mas­sen­grä­ber, das Elend in den Bara­cken, die Bru­ta­li­tät der Nazis. Das alles kann spä­ter kom­men. Fürs erste ist es genug, dass das Kind eine Ahnung, ein Gefühl vom größ­ten Ver­bre­chen des 20. Jahr­hun­derts bekommt, ohne ganz die Hoff­nung zu ver­lie­ren. Immer­hin kann Erika am Schluss sagen: „Heute hat mein Baum wie­der Wur­zeln. Und mein Stern leuch­tet noch immer.”

Holocaust-Kinderbuch: Erikas Geschichte - Vander Zee, Innocenti

Unter ande­rem wegen der gesto­chen schar­fen Bil­der von Roberto Inno­centi und der kraft­vol­len Spra­che von Ruth Van­der Zee wurde „Eri­kas Geschichte” 2003 von der „Zeit” und Radio Bre­men mit dem Buch­preis „Luchs” ausgezeichnet.


Von: Ruth Van­der Zee (Text), Roberto Inno­centi (Illus­tra­tio­nen) und Gabriele Haefs (Über­set­zung)
Ver­lag: Gerstenberg
Bil­der­buch ab 5 Jahren
ISBN: 978–3836957700
Gebun­dene Aus­gabe: 24 Seiten
For­mat: 25,4 x 1 x 25,8 cm
Rating: 3.5/5. From 32 votes. 
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