Der Räuber Hotzenplotz
Zehn Jahre lang quälte sich Otfried Preußler mit seinem „Krabat” herum. Als er Ende 1961 feststeckte und eine Lockerungspause brauchte, erzählte er in drei Monaten den „Räuber Hotzenplotz” herunter. Ein Kasperlstück, wie er es früher mit seinem Bruder auf dem Dachboden spielte: mit Kasperl, Seppel, Großmutter, Zauberer, einem etwas behäbigen Polizisten und dem Räuber mit Pfefferpistole. Ein einfaches Stück, das aber nur so strotzt vor witzigen Wendungen und kruden Charakteren mit wunderschönen Macken. Ein Buch mit diesem speziellen Glanz, der Kinder wie Erwachsene über Generationen hinweg in den Bann schlägt.
Den Räuber Hotzenplotz würde man gerne mal knuffen. Der nimmt seinen Beruf nämlich sehr genau und steht wochentags immer schon um sechs Uhr auf. Aber da es in letzter Zeit nicht viel mehr zu rauben gibt als musikalische Kaffeemühlen, denkt er schon daran, die Räuberei aufzugeben – zumal er sie auch noch ziemlich anstrengend findet. Fast noch schöner: Sein Freund, „der große und böse Zauberer Petrosilius Zwackelmann”, kann zwar auf seinem Zaubermantel nach Buxtehude fliegen und auch sonst allerlei, aber ihm ist es noch nie gelungen, den Kartoffeln die Schale herunterzuzaubern. Deshalb sitzt er nun gezwungenermaßen mit Schürze um den Bauch in seiner Schlossküche und schält grummelig selbst.
Diese köstliche Fallhöhe! Wie aus Möchtegernganzgroßen kleine Alltagswürstchen werden!
Und dann kommen zwei Kinder, die mit ganz einfachen Tricks und etwas Unken-Magie alle an der Nase herumführen. Herrlich zum Beispiel, wie Kasperl sich gegenüber Zwackelmann dumm stellt und ihn „Reprozilius Fackelspan” oder „Zeprodilius Wackelzahn” nennt – was den Zauberer zwar furchtbar aufregt, gleichzeitig aber auch beruhigt. Endlich ein dummer Dienstbote, der seinen Geheimnissen schon nicht auf die Schliche kommen wird! Zum Kartoffelschälen sollte es wohl reichen, denkt er – und muss bald erleben, dass er doppelt angeschmiert wurde.
Klar, dass es Kindern gefällt, wenn es zwei vergnügte Burschen allen Großen zeigen. Trotzdem hat Preußler mal gesagt, er habe beim Schreiben nie das Publikum im Sinn gehabt. „Die Geschichte folgerichtig auf das Papier zu bringen, das ist meine Aufgabe. Würde ich an Kinder denken, dann könnte ich leicht kindertümelig werden. Das wollte ich nie”, erzählte er anlässlich seines 80. Geburtstages im FAZ-Interview.
Von: Otfried Preußler, mit Illustrationen von F.J. Tripp
Verlag: Thienemann
Kinderbuch ab 6 Jahren
ISBN: 978–3522105903
Gebundene Ausgabe: 128 Seiten
Format: 15 x 1,8 x 21,3 cm
1963 nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis