ab 6 Jahren

Die Regeln des Sommers

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Kinderbücher: Shaun Tan - Die Regeln des Sommers

Nie die Regeln ver­let­zen. Schon gar nicht, wenn du sie nicht verstehst.”

Was für ein unheim­li­ches Buch! Shaun Tans „Die Regeln des Som­mers” führt tief in eine magi­sche Welt, die bevöl­kert ist von Mons­tern und selt­sa­men Maschi­nen­we­sen. Die Ölbil­der des aus­tra­li­schen Künst­lers sind kraft­voll, inten­siv und von düs­te­rer Atmo­sphäre. Wie soll man das alles nur begrei­fen, mag man sich als Erwach­se­ner fragen. 

Das Buch ist aus der Per­spek­tive eines klei­nen Jun­gen geschrie­ben: Sein gro­ßer Bru­der bestimmt in der Hitze des Som­mers die Regeln, jede Dop­pel­seite eine neue. Und er selbst ver­letzt – aus Unwis­sen­heit, Unver­mö­gen oder Unbe­dacht­heit – jede Dop­pel­seite die nächste.

Zur ers­ten Regel („Nie eine rote Socke auf der Wäsche­leine hän­gen las­sen”) zeigt Tan einen kar­gen Hin­ter­hof, triste Mau­ern, eine ein­fa­che Hütte, einen gro­ßen Was­ser­tank, eine alt­mo­di­sche Wäsche­leine mit einer ein­zi­gen, ver­ges­se­nen Socke daran. An der Mauer kau­ern die Brü­der. Der ältere hält dem jün­ge­ren den Mund zu, eine Krähe beob­ach­tet die Sze­ne­rie. Und hin­ter der Mauer lau­ert ein rie­si­ges, rotes Kanin­chen mit glü­hen­den Augen. Der Blick ist so feu­rig wie die gna­den­los bren­nende Sonne. Unheim­lich und ang­st­ein­flö­ßend. Die bei­den Jun­gen sind win­zig klein dagegen. 

Das ist das Prin­zip des Buches: Einem ebenso simp­len wie (oft) sinn­lo­sen Lehr­satz steht ein Bild gegen­über, das ver­stört. Auf die Ver­let­zung absur­der Regeln fol­gen dras­ti­sche Kon­se­quen­zen. Dabei wan­delt sich der große Bru­der immer mehr vom gut­mei­nen­den Beschüt­zer zum gna­den­lo­sen Bestrafer. Und dann, als der kleine Bru­der, zig­fach gede­mü­tigt und ver­letzt, sich schließ­lich auf­lehnt und nach dem Grund für alle Regeln fragt, eska­liert die Situa­tion vollends. 

Die Jury des Deut­schen Jugend­li­te­ra­tur­prei­ses hat Shaun Tans „Die Regeln des Som­mers” 2015 in der Kate­go­rie „Bil­der­buch” nomi­niert, weil es „auf Augen­höhe ist mit künst­le­ri­scher Male­rei und eine Kind­heit viele Jahre beglei­ten kann”.

Die Regeln des Som­mers” ist kein Buch für schwa­che Gemü­ter. Wer sei­nen Kin­dern ein ästhe­tisch anspruchs­vol­les Werk zutraut, das ihre all­täg­li­chen Macht­kämpfe unter­ein­an­der in einer mys­ti­schen Umge­bung dar­stellt (die für Kin­der übri­gens weni­ger befremd­lich ist als für Erwach­sene, weil sie eine rät­sel­hafte Welt ohne­hin gewohnt sind), der kann sich über ein Buch freuen, das nach und nach immer mehr Facet­ten offen­bart. In jedem Bild lie­gen Mehr­deu­tig­kei­ten, alles lässt sich auch anders inter­pre­tie­ren, über so vie­les kann man immer wie­der neu stau­nen, über vie­les auch lachen. Und wer jetzt Angst vor zu vie­len geheim­nis­vol­len und düs­te­ren Sze­nen hat und gerne wenigs­tens irgend­ei­nen Anker hätte: Am Schluss war­tet ein ver­söhn­li­cher Aus­gang. Denn auch wenn große Brü­der oft gemein und unver­ständ­lich sind – es sind Brü­der. Und die Liebe siegt. 


Von: Shaun Tan, über­setzt von Eike Schönfeld
Ver­lag: Aladin
Bil­der­buch ab 6 Jahren
ISBN: 978–3848900107
Gebun­dene Aus­gabe: 48 Seiten
For­mat: 18,1 x 1,2 x 30,7 cm 

 


Kinderbücher: Shaun Tan - Die Regeln des Sommers

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