Der rauhe Berg
Ein bisschen unheimlich, hoch allegorisch, mit feinem Bleistiftstrich gezeichnet und sehr surreal: „Der rauhe Berg” von Einar Turkowski ist mehr als nur ein Kinderbuch. Es ist ein Ausflug ins Unbewusste, eine Reise zu den rauhen Bergen unseres Lebens, vor denen wir uns vielleicht ein bisschen fürchten, die beschwerlich zu erklimmen sind und die Geheimnisse bergen, die wir bestimmt nicht alle verstehen können.
Der rauhe Berg steht in einem Land, „in dem die Kerzen von unten nach oben brennen”. Viel wird von ihm erzählt, seine Flanken sind gesäumt von dämmrigen Orten, wer ihn besteigt, würde sich durch ihn verändern, heißt es. Der sowohl namen- wie auch gesichtslose Held der Geschichte (man sieht ihn stets von hinten) wagt sich dennoch. Am Fuß des Berges empfängt ihn ein Schild, dessen Sinn er nicht versteht: „Sieh, wenn Du kannst.”
Beim Aufstieg geschieht allerhand Mysteriöses. Die Farbe der Steine ändert sich, sie ordnen sich zu neuen Mustern, aus dem Boden schlagen winzige Flämmchen, wundersame Statuen säumen den Weg, Augenpaare starren den Wanderer an – und dann gelangt er an eine Stelle, von der einfach kein Weiterkommen mehr möglich scheint. Bis er einen winzigen Käfer entdeckt, der den Weg weist. Und auf dem Gipfel angekommen erkennt der Mann am Horizont einen weiteren Berg: „Schwach und elfenbeinfarben leuchtete er im Dunst.”
Auf dem Buchrücken wird „Der rauhe Berg” als Künstlerparabel angepriesen. Aber natürlich kann sich jeder seinen eigenen Reim auf diese verstörend schöne Geschichte machen. Das ist so anspruchsvoll wie die ausgefeilte Sprache Turkowskis. Auch die Zeichnungen korrespondieren: Sie stecken voller Andeutungen und erstaunlicher Details. So etwas als Kinderbuch zu verkaufen, muss man sich erst einmal trauen.
Doch es funktioniert! Ab dem Vorschulalter können Kinder langsam etwas mit Geschichte und Bildern anfangen. „Das Buch hat aber einen Adressatenentwurf, der sehr weit über diese Altersgruppe hinausgeht”, schreibt die Jury des Deutschen Jugendliteraturpreises, die Turkowskis Buch 2013 auf die Nominiertenliste gesetzt hat. Das stimmt: „Der rauhe Berg” ist für alle Menschen eine Offenbarung, die Bücher ebenso lieben wie das Abseitige und Geheimnisvolle. Ganz gleich, wie alt sie sind.
Von: Einar Turkowski
Verlag: Atlantis
Bilderbuch ab 8 Jahren
ISBN: 978–3715206257
Gebundene Ausgabe: 32 Seiten
Format: 35,4 x 20,2 x 1 cm