Ausflug mit Bär
Wie würden Sie reagieren, wenn sich im Zoo plötzlich eine schwere Tatze auf Ihre Schulter legen und ein Eisbär (mit ordentlich Fischpicknick in der Umhängetasche) fragen würde: „Gehst du ein Stück mit mir?”
Der kleine Leonard aus Constanze Semidels und Volker Friedrichs Kinderbuch „Ausflug mit Bär” jedenfalls sagt einfach nur: „Klar.” Und dann begeben sich die beiden auf einen Trip durch die Stadt, der gerade dadurch so herrlich komisch wirkt, dass er im Grunde genommen so furchtbar normal ist. Sie fahren S‑Bahn, besuchen den Hafen, gehen eine Currywurst essen, der Bär trinkt dazu ein Bier. Dann auf nach Hause, toben, spielen, Brote futtern, Fernseher nicht anbekommen, stattdessen lesen – zum Schluss Tschüss, der Bär fährt mit dem Taxi heim.
Neben der lakonischen Erzählweise, die im Widerspruch steht zur eigentlich doch sensationellen Tatsache, dass da ein Bär durch die Stadt streift, packt mich an der Geschichte zweierlei. Zum einen sind das die verschrobenen Details (wie zum Beispiel die Fischgräten, die der stets hungrige Bär en masse hinter sich lässt). Zum anderen die Frage, die im Subtext mitschwingt: Was macht einen Tag in den Augen eines Kindergartenknirpses eigentlich zu einem großartigen, traumhaften Erlebnis?
Die Antwort, die das Buch gibt: Ganz offensichtlich ist es dem Kind wurscht, ob sein großer Begleiter einen Pelz hat oder weiß Gott wie ausgefallene Ausflugziele ansteuert. Hauptsache, er verbringt eine gute Zeit mit ihm. Und jetzt nehmen Sie sich als Elterntier mal ein Beispiel am Bären! Gehen Sie ein Stück mit Ihrem Kind! Gönnen Sie sich ruhig ein Bier dabei! Lassen Sie sich dann ein Buch vorlesen! Und wenn Sie dabei einschlummern, ist das auch okay.
Sind Bücher mit so einer Botschaft nicht wunderbar?
Von: Constanze Semidei (Text) und Volker Fredrich (Illustrationen)
Verlag: Tulipan
Bilderbuch ab 3 Jahren
ISBN: 978–3864292736
Gebundene Ausgabe: 36 Seiten
Format: 23,8 x 0,9 x 25,9 cm