Knisterkiste – Postabenteuer
Wow, was für eine geniale Idee! Markus Fischer hat sich eines der coolsten Lese-Projekte ausgedacht, von denen ich je gehört habe! Ein halbes Jahr lang bekommen Kinder in regelmäßigen Abständen individualisierte Briefe, die nicht nur ein Abenteuer erzählen, sondern die die Kinder an diesem Abenteuer hautnah teilhaben lassen: Die Briefe enthalten Dinge zum Basteln, Anleitungen zum Bauen und Experimentieren, Rätsel und Anregungen, sich mit der realen Welt auseinander zu setzen. Den ersten Teil seines ersten Leseabenteuer („Das Geheimnis des tasmanischen Tigers”) hat Markus mir geschickt – und ich bin begeistert, wie liebevoll der Brief gestaltet ist. Eine ganz tolle Sache, die ich Euch wärmstens ans Herz legen möchte. Auf der Seite www.knisterkiste.com findet Ihr mehr Informationen und könnt die Postabenteuer für Eure Kinder bestellen.
Und jetzt hat Markus selbst das Wort. In der Rubrik „Autor stellt vor” erklärt er Euch, was genau es mit seinem Projekt auf sich hat:
„Irgendwann in der ersten Klasse – oder vielleicht schon in der Vorschule – geschieht es: Kinder merken, dass Lesen etwas Besonderes ist. Das kann im einen Fall so aussehen, dass man fürderhin von Klein-Lieschen nichts mehr sieht als aufgeklappte Buchdeckel, hinter denen nicht nur das Gesicht, sondern das ganze Kind verschwindet. Bücher beim Essen, Bücher im Auto, Bücher beim Besuch von Anverwandten. Vom Heimschleppen größerer Bibliotheksbestände bekommen die Eltern allmählich ernsthafte Rückenprobleme, und Klein-Lieschen liest und liest und liest.
Im anderen Fall sieht’s genau umgekehrt aus: Der kleine Torben hasst Bücher. Mit ganzer Inbrunst. Nie hat die Menschheit etwas so Langweiliges, Qualvolles und Sinnentleertes erfunden wie das Lesen. Bei der Perspektive, ein Buch in die Hand nehmen zu müssen, werden selbst so unangenehme Tätigkeiten wie das Müll-Rausbringen attraktiv.
So verschieden sehen Kinder das Lesen. Und dass oben Klein-Lieschen ein Mädchen und Torben ein Junge ist, kommt nicht von ungefähr: Die meisten Leseverweigerer sind Jungen. Woher kommt das? Nun, zum Einen fehlen oft die Vorbilder: Viele Väter lesen wenig, und wenn, dann Sachliteratur. Was, wie ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann, nicht immer an der Unlust zu lesen liegt, sondern oft einfach an der Zeit, die einem als Familienvater fehlt. Wenn mal eine Mußestunde kommt, dann verbringt man sie lieber mit der Familie oder kümmert sich um eine der tausend Baustellen, die in einem Familienhaushalt so entstehen. Und unser Männerbild sieht nun mal den kontemplativ in die Ecke gekuschelten, rotweinschlürfenden Feingeist nur bedingt vor.
Eine weitere Ursache ist, dass der ganze ‚Lesebetrieb’ – von der Gestaltung von Büchereien und Buchläden, in denen es naturgemäß leise und sittsam zuzugehen hat, bis zur heilen, konfliktfreien und damit bis zu einem gewissen Grade langweiligen Welt der Leseanfänger-Literatur – eher Mädchen anspricht. Jungen lieben und suchen die Herausforderung, bei der sie sich mit anderen messen können, und das ruhig auch mal etwas gröber. Still bäuchlings liegend sich in eine Schwarte vertiefen ist ihre Sache nicht.
Zugegeben, Klischees, Klischees. Es gibt natürlich begeisterte Lesejungs und lesefaule Mädels. Aber so im Großen und Ganzen ist die Tendenz wie beschrieben. Was also tun?
Lesen sollte ein Abenteuer sein. Warum es dann nicht wie eines verpacken? Dachte ich mir, und erfand die Postabenteuer. Was gibt es Spannenderes als eines Tages einen geheimnisvollen und dicken Brief zu bekommen, dessen Absender man nicht kennt? Man macht den Brief auf, und siehe da, jemand braucht dringend unsere Hilfe bei der Lösung eines Problems. Sagte ich Problem? Ich meinte natürlich Abenteuer.
Im ersten Postabenteuer, ‚Der tasmanische Tiger’, geht es um eben dieses Tier: Ein Beuteltier, das vor ca. 80 Jahren ausgestorben ist und davor in Tasmanien (und viele tausend Jahre früher auch in Australien) gelebt hat. Aber ist der tasmanische Tiger tatsächlich ausgestorben? Immerhin wurden vor Kurzem frische Fußspuren gesichtet, die verdächtig nach dem tasmanischen Tiger aussehen. Unsere Heldin, Ada von Lückwitz, ihres Zeichens Luftschiff-Kapitänin und Weltreisende, schreibt nun in ihrem Brief, dass sie dringend unsere Mithilfe bei der Suche nach eventuell noch lebenden Exemplaren benötigt.
Das klingt doch nach einem handfesten Abenteuer! Und zwar einem, bei dem man zwangsläufig ein bisschen (oder auch viel) lesen muss, einige Rätsel mit Köpfchen zu lösen hat und nebenbei eine ganze Menge erfährt. Zum Beispiel über Evolution, die Besiedelung des australischen Kontinents, die Kolonialisierung, Seefahrt, moderne Genetik und Biologie und Funktechnik. Sachen also, die eigentlich noch gar nicht im Grundschullehrplan vorkommen. Aber dafür umso spannender sind. Und kindgerecht vermittelt den Entdeckergeist wecken.
Die Postabenteuer sind personalisiert, d.h. sie gehen auf die Stärken, Schwächen, Interessen und Vorlieben des Empfängers ein. Wenn ein Kind sich z.B. in Mathe schwer tut, werden in seinem Postabenteuer automatisch einige leichte Mathe-Rätsel auftauchen. Damit übt es nicht nur unmerklich ein ungeliebtes Fach, sondern sieht auch praktische Beispiele, wofür man Mathekenntnisse so im ‚echten Leben’ gebrauchen kann.
Die Postabenteuer sind ein Experiment. Eine neue Art, Geschichten zu erzählen und den (jungen) Leser in das Geschehen zu ziehen, indem er Teil der Geschichte wird. Deshalb ist die Personalisierung ein wichtiger Aspekt des Projekts: Es handelt sich nicht um Drucksachen, die aus dem Regal verkauft werden, sondern jedes Postabenteuer ist einzigartig und ‚passt’ zu seinem Empfänger. Ich fände es schön, wenn das Experiment – oder nennen wir es Abenteuer – gelingt.”
Mehr zu den Postabenteuern gibt es auf der Website www.knisterkiste.com.