Käpt’n Sharky und das Seeungeheuer
Ganz ehrlich? Mit Käpt’n Sharky hatte ich von Anfang an so meine Problemchen. Und zwar wegen des bombastischen Produkt-Sortiments, das das Sharky-Logo trägt. Ferngläser! Fahrräder! Bleistiftanspitzer! Planschbecken! Backmischungen! Überall grinst einem der Hai mit Augenklappe entgegen – und es muss ja nicht sein, dass man seine Kinder von klein auf dem Markenirrsinn aussetzt, oder?
Aber okay. Sohnemann ist Piraten-Fan. Und der nette Herr vom Coppenrath-Verlag sagt, Käpt’n Sharky sei gar nicht so schlimm sondern sogar ganz lustig. Was soll der Mann auch sonst sagen, er steht ja unter Vertrag. Aber natürlich hat er Recht – erst lesen, dann meckern!
„Käpt’n Sharky und das Seeungeheuer” ist der zweite Band der 2006 gestarteten und inzwischen in mindestens elf Sprachen übersetzten Serie. Die Geschichte: Käpt’n Sharky und sein Freund Michi hören in einer düsteren Spelunke einen Piraten von einem Seeungheuer sprechen. Angeblich ist es ganz furchtbar. Trotz der Warnungen segelt Sharky zur Felsenbucht, wo sich das Ungeheuer herumtreiben soll. Er glaubt die Piraten-Geschichten nicht. Doch dann taucht das Seeungeheuer auf einmal tatsächlich auf. Die Geschichte wird kurz spannend, bevor sich herausstellt, dass das Monster richtig nett ist. Und am Ende hilft es Sharky und seiner Crew sogar dabei, einen alten Feind in die Flucht zu schlagen.
Die Geschichte ist ganz nett geschrieben und auch gezeichnet. Nicht großartig, sehr brav, wenig überraschend und extrem mainstreamig. Der Plot haut mich nicht vom Hocker, ist aber insgesamt okay. Phasen der Spannung wechseln dauernd mit Phasen der Harmonie ab. Dafür gibt es ein Publikum.
Was mich allerdings wirklich stört: Auf praktisch jeder Seite prangt irgendwo das unverwechselbare Sharky-Logo. Hat dieses Buch etwa das vorrangige Ziel, das Sharky-Merchandising anzukurbeln? Wahrscheinlich: Der Coppenrath-Verlag konzipierte die Reihe, um der ausgezeichnet laufenden „Prinzessin Lillifee”-Produktpalette ein „Jungenthema” gegenüber zu stellen. Der Plan ist aufgegangen. Sharky bringt Coppenrath mit Sicherheit eine Menge Geld ein – auch wenn sich der Verlag über exakte Zahlen und das Verhältnis von Merchandising-Einnahmen und Buch-Geschäft ausschweigt.
Wer eine wirklich gute Piraten-Geschichte lesen möchte, der greife jedenfalls lieber zu „Käpten Eichhörnchen und die Zaubertür”. Denn das Eichhörnchen ist nicht nur viel wilder und lustiger, sondern auch viel intelligenter geschrieben. Und es kommt ganz ohne eklige Markenpenetration aus.
Von: Jutte Langreuter (Text) und Silvio Neuendorf (Illustrationen)
Verlag: Coppenrath
Bilderbuch ab 3 Jahren
ISBN: 978–3815772836
Gebundene Ausgabe: 32 Seiten
Format: 30,2 x 23,6 x 0,8 cm