X

Thabo – Der Rinder-Dieb

Kirs­ten Boie lie­gen die Kin­der in Afrika sehr am Her­zen. Mit der von ihr gegrün­de­ten Möwen­weg-Stif­tung unter­stützt sie Aids-Wai­sen in Swa­si­land, wo wegen der Immun­schwä­che­krank­heit etwa die Hälfte aller Kin­der ohne Eltern auf­wächst. Es ist ein furcht­ba­res Elend – und um dar­auf auf­merk­sam zu machen, nutzt die groß­ar­tige Kin­der­buch­au­torin Boie seit eini­ger Zeit auch ihr schrei­be­ri­sches Talent.

Der Rin­der-Dieb” ist bereits ihr drit­ter Swa­si­land-Kin­der­krimi in der Reihe „Thabo – Detek­tiv & Gen­tle­man”. Der Titel­held und Ich-Erzäh­ler lebt bei sei­nem Onkel, möchte ein­mal ein Gen­tle­man wer­den und ist bereits auf sehr gutem Wege dahin. Thabo ist ein cle­ve­res Kerl­chen mit aus­ge­zeich­ne­tem Beneh­men und (sehr zum Ver­gnü­gen der Leser) glän­zen­dem Aus­drucks­ver­mö­gen. Außer­dem sieht er gemein­sam mit der Groß­tante sei­ner Freun­din Emma unheim­lich gerne Miss-Marple-Kri­mis, was in ihm das Begeh­ren weckt, selbst ein­mal als pri­va­ter Ermitt­ler tätig zu sein.

Bis vor kur­zem dachte er zwar noch, dass im Ört­chen Hla­ti­kulu so gut wie nie was pas­siert, aber seit dem Nas­horn-Mord in Band 1 ist eigent­lich dau­ernd etwas los. Und weil die Poli­zei hier auch nicht viel klü­ger als im Rest der Welt ist und darum drin­gend Hilfe benö­tigt, kann sich Thabo nun bereits zum drit­ten Mal bewei­sen. Es geht um geklaute Rin­der, abge­brannte Hüt­ten, ver­gra­bene Magie auf dem Fuß­ball­feld und schließ­lich sogar um eine Ent­füh­rung. Hin­ter­her kommt natür­lich wie in jedem guten Krimi her­aus, dass man keine Seite umsonst gele­sen hat, weil alles irgend­wie mit­ein­an­der zusammenhängt.

Bis dahin macht es gro­ßen Spaß, die ver­schlun­ge­nen Wege die­ses Kri­mi­nal­falls zu ver­fol­gen. Das liegt zum einen an Boies unnach­ahm­li­chen Erzähl­stil, der einen oft über die Prot­ago­nis­ten schmun­zeln lässt, der sich aber nie über sie erhebt. Weil Boie noch dazu die Hin­weise geschickt streut und die Geschichte immer im rich­ti­gen Moment ver­lang­samt oder beschleu­nigt, ist auch das Mit­rät­seln sehr unterhaltsam. 

Neben­bei lernt man viel über das süd­li­che Afrika, ohne dass es je auf­dring­lich wäre. Dass es viel zu wenig Barca-Tri­kots und Woll­de­cken für alle Kin­der gibt, zum Bei­spiel. Oder eben, dass unfass­bar viele Kin­der ohne Eltern groß wer­den müs­sen, weil Aids sie getö­tet hat. Im Buch ist all das so ele­gant beschrie­ben, dass es zwar nach­denk­lich macht, aber nicht ver­stört. Aids wird gar nicht beim Namen genannt, es heißt bloß, dass die Eltern nach der „schreck­li­chen Krank­heit” „gegan­gen sind” – und Thabo ergänzt in Klam­mern: „Wir sagen gegan­gen. Sie wis­sen, was ich meine.”

Aus dem gan­zen Buch spricht der tiefe Respekt, den Boie den Kin­dern in Swa­si­land ent­ge­gen­bringt. Kin­dern, die ihren Lebens­mut nicht ver­lie­ren, die sich bil­den, die Pläne und Ziele haben – und denen es eigent­lich genau so gut gehen sollte, wie allen ande­ren Kin­dern auch.

Span­nen­der und schö­ner als jeder TKKG-Mist. Eltern von Krimi-ver­rück­ten Kin­dern: Kauft die­ses Buch!


Von: Kirs­ten Boie, mit Vignet­ten von Maja Bohn
Ver­lag: Oetinger
Kin­der­krimi ab 10 Jahren
ISBN: 978–3789120343
Gebun­dene Aus­gabe: 320 Seiten
For­mat: 15,6 x 3,2 x 21,6 cm
Categories: ab 10 Jahren
Matti Hartmann: Matti Hartmann ist im Hauptberuf freier Journalist und nebenher Vater von drei Kindern. Oder andersherum. Außerdem Bücherfreund. Und weil sich das alles prima unter einen Hut bringen lässt, wenn man eine Kinderbuchseite betreibt, macht er genau das auch noch.
Related Post