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Marie und die Dinge des Lebens

Wir Erwach­se­nen haben ja oft den Impuls, Kin­der vor Din­gen behü­ten zu wol­len, vor denen wir sel­ber Angst haben und die wir nicht (voll­stän­dig) ver­ste­hen. Zu die­sen Din­gen gehö­ren Alter, Krank­heit und Tod. Aber der Ver­such, all das vor Kin­dern ver­ste­cken zu wol­len, muss schei­tern. Kin­der wer­den dem Ende begeg­nen, sich dafür inter­es­sie­ren und Fra­gen stel­len. Wenn ein Vogel tot auf dem Geh­weg liegt, zum Bei­spiel. Und erst recht, wenn ein gelieb­ter Mensch plötz­lich schwach wird…

Das wun­der­bare Kin­der­buch „Marie und die Dinge des Lebens” kann eine Stütze sein, wenn wir uns drin­gend unter­hal­ten müs­sen. Das nützt auch uns, denn vom kind­li­chen Zugang zum Thema kön­nen wir viel ler­nen: Kin­der sehen das Wesent­li­che auf ihre eigene Weise oft viel klarer.

Marie und die Dinge des Lebens” han­delt von einem klei­nen Mäd­chen, das eine innige Bin­dung zu sei­ner Groß­mutter hat. Die kraft­volle Frau und ihre Enke­lin sau­sen durch den Gar­ten, fut­tern alle Kekse auf und brül­len die Vögel an: „Wollt ihr wohl die Kir­schen in Ruhe las­sen!” Doch dann wird es mit einem Mal düs­ter. Oma ist gestürzt oder hatte einen Schlag­an­fall, ganz deut­lich wird das nicht. Jeden­falls liegt sie im Koma: „Groß­mama war in einen tie­fen Schlaf gefal­len”, heißt es im Buch.

Groß­mutter wacht zwar eines Tages doch wie­der auf, aber die eben noch so starke Frau ist nun hilfs­be­dürf­tig und schwach. Sie kann kaum spre­chen, die Erwach­se­nen ver­ste­hen sie nicht. Wenn Oma Kar­tof­feln möchte, geben sie ihr Suppe.

Dafür pas­siert nun etwas sehr Schö­nes: Marie, die immer furcht­bar unge­dul­dig war und deren ers­tes Wort im Leben nicht „Mama” oder „Papa” son­dern „JETZT!” lau­tete, wird zur gro­ßen Hilfe für ihre Oma. Sie bleibt bei ihr am Kran­ken­bett, malt für sie, redet mit ihr. Und wenn die alte Frau etwas sagen möchte, hört Marie ganz gedul­dig zu: „Marie wusste genau, was Groß­mutter sagte. Sie las es in ihren Augen und pflückte ihr die Buch­sta­ben aus dem Mund.” Dass Marie so für ihre Groß­mutter da ist, ist wich­tig – denn der nächste Schick­sals­schlag war­tet schon…

Marie und die Dinge des Lebens” ist ein ein­fühl­sa­mes, warm­her­zi­ges Buch. Ein Buch, das sich den letz­ten Fra­gen des Lebens nähert, ohne alle beant­wor­ten zu müs­sen. Ein melan­cho­li­sches Buch, das Kraft spen­det – und das man natür­lich auch gerne lesen kann, bevor der Tod zur eige­nen Fami­lie kommt. Die kunst­vol­len Illus­tra­tio­nen spie­geln die Stim­mung der Geschichte wie­der. Mal hei­ter, mal düster.


Von: Tine Mor­tier und Kaatje Ver­meire (Illus­tra­tio­nen)
Ver­lag: Bohem Press
Bil­der­buch ab 3 Jahren
ISBN: 978–3855815425
Gebun­dene Aus­gabe: 32 Seiten
For­mat: 23,3 x 1 x 33,2 cm
Categories: ab 3 Jahren
Matti Hartmann: Matti Hartmann ist im Hauptberuf freier Journalist und nebenher Vater von drei Kindern. Oder andersherum. Außerdem Bücherfreund. Und weil sich das alles prima unter einen Hut bringen lässt, wenn man eine Kinderbuchseite betreibt, macht er genau das auch noch.
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