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Wer stimmt für Mia?

Ein Kin­der­buch in Comic-Form, das die Demo­kra­tie erklärt? Klingt erst­mal öde bis affir­ma­tiv, so à la nach­wend­lich umge­motzte Staats­bür­ger­kunde bzw. Publi­ka­tion der Bun­des­zen­trale für poli­ti­sche Bil­dung*. Der Text auf dem Buck­rü­cken scheint den Ver­dacht zu bestä­ti­gen. Es gehe darum, „Kin­der auf ihre Rolle als Bür­ger vor­zu­be­rei­ten”, heißt es dort. „Wer stimmt für Mia?”, der fünfte Band der Reihe „Rocky und seine Bande”, ist aber viel besser.

Die Story: Es ist Klas­sen­spre­cher­wahl, und alle erwar­ten, dass die so abgeht wie immer, also dass die schöne Lola gewählt wird, weil sie so schön ist, und dass Vik­tor ihr Stell­ver­tre­ter wird, weil er so gut rech­nen kann.

Zack! Autor Ste­phan Valen­tin und Zeich­ner Jean-Claude Gibert gelingt es, die Aus­gangs­lage der Geschichte in einem ein­zi­gen Bild zu erklä­ren und damit gleich­zei­tig auch noch die größ­ten Zwei­fel zu zer­streuen. Denn das ist ja wie in echt! Und vor allem: Was Valen­tin und Gibert hier prak­ti­zie­ren, ist keine blinde Ver­herr­li­chung des Sta­tus quo, son­dern aktive Demo­kra­tie­kri­tik aus Liebe zu ihr – und das in unter­halt­sa­mer Form.

Als Zustands­be­schrei­bung könnte das Buch also eigent­lich schon nach einer Seite zu Ende sein. Weil es aber ein Kin­der­buch ist, das ermu­ti­gen soll, Miss­stände nicht ein­fach hin­zu­neh­men, fängt die Geschichte hier erst an. Auf Rosa­lies Frage „Aber für wen sol­len wir denn sonst stim­men?”, fällt Enzo näm­lich tat­säch­lich etwas ein: Mia! Die gehört zwar nicht zu den Belieb­tes­ten in der Klasse, aber ihre Freunde wis­sen: Sie ist super­schlau, gerecht und total ehr­lich. Im Fort­gang erle­ben wir dann einen ziem­lich span­nen­den Wahl­kampf mit mit­rei­ßen­den Ideen einer­seits sowie bösen Lügen und Intri­gen ande­rer­seits. Mit her­ben Rück­schlä­gen und ganz viel Kampf­geist. Und mit einem Happy End.

Schon die ande­ren „Rocky”-Bände sind hoch gelobt wor­den, weil sie so lebens­nah sind und weil sie lehr­rei­che, päd­ago­gi­sche Ansätze mit kurz­wei­li­gen, span­nen­den und humor­vol­len Geschich­ten ver­bin­den. 2013 erklärte das fran­zö­si­sche Inter­net­por­tal premiere.fr „Rocky und seine Bande” zur bes­ten Buch­reihe des Jah­res. 2014 ver­lieh eine Kin­der­jury dem drit­ten Band („Enzo hat Geburts­tag”) den Kin­der­buch­preis des inter­na­tio­na­len Lite­ra­tur­fes­ti­vals „Prix Saint Maur en poche”. Und damit die Serie auch 2015 nicht abreißt, kriegt Band 5 jetzt von mir auch noch einen Preis: den soeben ins Leben geru­fe­nen „Rock on, Rocky”-Preis. Herz­li­chen Glückwunsch!


Von: Ste­phan Valen­tin (Text) und Jean-Claude Gibert (Illus­tra­tio­nen)
Ver­lag: Pfefferkorn
Kin­der­buch-Comic ab 6 Jahren
ISBN: 978–3944160153
Gebun­dene Aus­gabe: 48 Seiten
For­mat: 12,5 x 1 x 17,7 cm

* Obwohl, das war fies. Bei der Bun­des­zen­trale für poli­tit­sche Bil­dung erscheint näm­lich auch viel Gutes.

Categories: ab 6 Jahren
Matti Hartmann: Matti Hartmann ist im Hauptberuf freier Journalist und nebenher Vater von drei Kindern. Oder andersherum. Außerdem Bücherfreund. Und weil sich das alles prima unter einen Hut bringen lässt, wenn man eine Kinderbuchseite betreibt, macht er genau das auch noch.
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