Eine Woche voller Samstage
Paul Maar wird 80 – und der Oetinger-Verlag nutzt die Gelegenheit, um dem Sams ein frisches Gesicht zu verleihen. Nina Dulleck hat den Klassiker neu illustriert. Ihr Sams ist zweifellos sehr süß geworden, aber man fragt sich trotzdem: War das wirklich nötig?
„Eine Woche voller Samstage” erschien erstmals 1973, die Illustrationen stammten von Paul Maar persönlich. Der Autor, ein fast so begabter Maler wie Schreiber, bevorzugte den feinen Strich. Er zeichnete den nachdenklichen und etwas schüchternen Herrn Taschenbier, die schimpfende Frau Rotkohl sowie das Sams mit Tusche. Dabei ist ihm manche Großartigkeit gelungen. Wie Taschenbiers Chef, Herr Oberstein, hinter seiner strengen Brille den sauber aufgeräumten, wuchtigen Chefschreibtisch distanziert überblickt, auf dem neben Telefon, Füllfederhalter und Rechenmaschine auch eine kleine Maus-Statue steht – das ist schon toll.
Andererseits fallen manche Illustrationen mittlerweile auch arg aus der Zeit. Und wenn man im Text schon Rechenmaschine in Taschenrechner und Mark in Euro tauscht, warum dann nicht auch gleich die Illustrationen modernisieren? Sie sind jetzt nicht nur bunt, sondern auch comichafter, runder und insgesamt knuffiger. Dem Sams selbst hat das ganz gut getan, sein selig-lieber Ausdruck gefällt mir besser als der von Maars zuweilen doch recht fratzenhaft-hässlichem Sams.
Und überhaupt: Die Sams-Bücher sind zwar schon millionenfach verkauft worden, aber wenn die zeitgemäßeren Illustrationen dazu beitragen, dass noch mehr Kinder die Geschichten lesen und lieben, ist das nur gut. Vom Sams kann man nämlich, wie Herr Taschenbier, einiges lernen. Nicht immer alles hinunterzuschlucken, zum Beispiel. Auch mal aufmüpfig zu sein. Selbst wenn die Autoritäten heute vielleicht nicht mehr ganz zo verkniffen erscheinen mögen wie in den 70ern, ist das befreiend. Besonders aus Kinderperspektive.
Übrigens ist das Sams so ungebührlich frech ja nun auch wieder nicht. Nur wer allzu leicht biestig wird, muss mit einem kleinen Streich rechnen. Ansonsten ist es im tiefsten Inneren sogar ein ausgesprochen höfliches Wesen. Man darf halt nicht „Ich will” sagen, sondern muss sich ganz nett etwas wünschen. Dann erfüllt das Sams achselzuckend auch die absurdesten Wünsche. Es lässt es sogar im Zimmer schneien, obwohl es das eigentlich für „strohblöde” hält. Außerdem sollte man besser äußerst präzise sein im Umgang mit dem Sams, sonst kommt es schon einmal zu Missverständnissen.
Die sind dann allerdings so komisch, dass man sich am Ende dieses ersten Bandes genau wie Herr Taschenbier möglichst bald wieder eine Woche herbeisehnt, in der am Sonntag die Sonne scheint, an Montag Herr Mon kommt, am Dienstag Dienst ist, am Mittwoch Wochenmitte, am Donnerstag Gewitter und am Freitag frei – damit am Samstag das Sams zurückkommen kann.
Paul Maar (1937 geboren) wurde mehrfach mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet, unter anderem 1996 für sein Gesamtwerk. Außerhalb der Sams-Reihe erschien 2015 zuletzt „Der Galimat und ich”. Das neunte Sams-Buch, „Das Sams feiert Weihnachten”, kommt im September 2017 heraus.
Von: Paul Maar, neu illustriert von Nina Dulleck
Verlag: Oetinger
Kinderbuch ab 7 Jahren, für Selbstleser ab etwa 3. Klasse
ISBN: 978–3789108150
Gebundene Ausgabe: 176 Seiten
Format: 14,9 x 2 x 21,3 cm