Anleitung zum Ungezogensein

Natür­lich brau­chen Kin­der Regeln. Und „Regeln sind dazu da, befolgt zu wer­den!” Das stel­len Mama und Papa in Sophie Schmids sehr sym­pa­thi­schem Auf­klapp­bil­der­buch „Anlei­tung zum Unge­zo­gen­sein” gleich zu Beginn fest. Die Kin­der­schar horcht mit gro­ßen Augen zu – und lernt dann aber noch viel mehr. 

Denn Seite für Seite zitiert Schmid nun uralte Eltern­sprü­che, um sie gleich dar­auf intel­li­gent zu kon­tern. „Kin­der soll man sehen, nicht hören!”, steht da zum Bei­spiel. Und von gegen­über schallt die Erwi­de­rung: „Also sorge dafür, dass es etwas zu sehen gibt!”

Die­ses Mus­ter setzt sich das ganze Buch hin­durch fort. Links eine Regel in sau­bers­ter Schreib­schrift, rechts in leicht wacke­li­gen Groß­buch­sta­ben eine kluge Ant­wort. Wenn Ord­nung das halbe Leben ist, dann schau, dass du die andere Hälfte genießt! Unter der Auf­klapp­seite kommt dazu dann ein leben­di­ges Durch­ein­an­der zum Vor­schein. Das Kin­der­zim­mer wird zur Süd­see samt Pira­ten­schiff, Schatz­in­sel und See­unge­heuer. Und mal ehr­lich: So ange­nehm eine auf­ge­räumte Woh­nung auch ist – was wäre eine Kind­heit ohne krea­ti­ves Chaos?

Aber keine Angst: Schmids amü­sante Wider­sprü­che in Wort und Bild sind kein Mani­fest der radi­ka­len Regel­lo­sig­keit. Sie sind viel­mehr ein Plä­doyer, den eige­nen Kopf zu gebrau­chen und sinn­volle Aus­nah­men zuzu­las­sen. Denn nicht alle Regeln sind bloß hohle Sprü­che. Aber anstatt hin­ter star­ren Vor­schrif­ten zu ver­küm­mern, spornt das Buch dazu an, sich Frei­räume offen­zu­hal­ten und situa­ti­ons­be­zo­gen immer wie­der neu zu ver­han­deln – weil es noch zur plau­si­bels­ten Vor­schrift eine Aus­nahme gibt. 

Wer das begreift, hat mehr Spaß am Leben.

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