Die kleine Meerjungfrau

„Oh, ich bin allzu glück­lich!”, sagte er zu der klei­nen See­jung­fer. „Das aller­höchste, auf was ich nie zu hof­fen wagte, ist mir in Erfül­lung gegan­gen. Du wirst dich mit mir über mein Glück freuen, denn du meinst es von allen am bes­ten mit mir!” Und die kleine See­jung­fer küsste seine Hand, und sie fühlte fast ihr Herz bre­chen. Sein Hoch­zeits­mor­gen sollte ihr ja den Tod brin­gen und sie zu Meer­schaum verwandeln.

Jedes Mal wie­der ist Hans Chris­tian Ander­sens Mär­chen so unfass­bar trau­rig und schön zugleich. Die mutige, kleine Meer­jung­frau, die sich unsterb­lich ver­liebt in einen Prin­zen aus einer eigent­lich uner­reich­ba­ren Welt. Die vol­ler Hoff­nung alles aufs Spiel setzt, ihre Stimme her­gibt und ihr Leben ris­kiert – um nur ihrer Liebe nahe sein zu kön­nen. Die im dunk­len und geheim­nis­vol­len Ozean der Gefühle alles ver­liert. Und die am Ende doch ihre Seele rettet.

Der Wun­der­haus-Ver­lag aus Dres­den hat Hans Chris­tian Ander­sens Geschichte von der klei­nen Meer­jung­frau neu her­aus­ge­bracht, mit den Illus­tra­tio­nen des rus­si­schen Künst­lers Anton Lomaev. Der lässt die Unter­was­ser-Traum­welt auf magi­sche Weise leben­dig wer­den. Licht fällt von der Ober­flä­che ins tiefe Meer, umspielt die zar­ten Züge der See­jung­fer, die mit ihren Schwes­tern im präch­ti­gen Palast des Meer­kö­nigs wohnt. Sehr ver­wun­schen ist das alles – und auch etwas unheim­lich. Der Meer­hexe krie­chen See­schlan­gen aus den Haa­ren, gru­se­lige Tief­see­fi­sche bevöl­kern die Sze­ne­rie. Es gibt Haie, Toten­köpfe und ver­sun­kene Schiffe.

Oben, über dem Meer, sind die Far­ben warm. Rot und Gelb domi­nie­ren. Und doch ist auch hier die tosende, grüne See all­ge­gen­wär­tig. Bis zum Schluss, wenn die Meer­jung­frau zu den Töch­tern der Luft kommt, alles ver­schwimmt und eins wird.

Loma­evs Illus­tra­tio­nen ver­lei­hen Ander­sens Mär­chen eine neue Inten­si­tät. Sie sind ein­drück­lich und anrüh­rend. 2010 wurde er für sein Werk mit dem St. Peters­bur­ger „Interpresscon”-Award aus­ge­zeich­net, seit­her ist das Buch auf ver­schie­de­nen Spra­chen erschie­nen – und nun dan­kens­wer­ter­weise eben auch auf Deutsch.

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