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Hexenfee

Nichts da mit niedlich!

Ros­ma­rinchen ist eine Fee aber damit nicht glück­lich. Statt immer nur lieb und ordent­lich wäre sie lie­ber auch ein­mal wild und schmut­zig. Sie möchte in einem Boot auf dem Bach fah­ren, schreien und schal­lend lachen. Zum Ent­set­zen ihrer Mama wäre sie gern eine Hexe.

Es kommt zum Streit und Ros­ma­rinchen packt ihre Kof­fer. Die wird schon zurück­kom­men, denkt ihre Mama – wie Mamas eben manch­mal über auf­müp­fige Kin­der den­ken. „Der Hexen­wald ist wirk­lich kein Ort für Feen.”

Ist er aber doch! Das Hexen­le­ben gefällt Ros­ma­rinchen sehr gut. Sie lernt sogar auf dem Besen zu flie­gen und als sie dabei ein Eimer­chen Bee­ren­saft über den Hexen auskippt, seuf­zen die: „So eine unge­zo­gene Hexe. Von der kön­nen wir noch was lernen.” 

So ist das Leben lus­tig. Aber wie soll das jetzt gehen: Mama in ihrer Feen­welt, die alle Hexen abscheu­lich fin­det – und Ros­ma­rinchen in ihrem Baum­haus, die von Feen nur gelang­weit ist? Wie fin­den die bei­den wie­der zusammen?

Bri­gitte Min­nes Bil­der­buch „Hexen­fee” erschien bereits 1999 zum ers­ten Mal, schon damals illus­triert von Carll Cneut. 2016 kam es neu her­aus, wie­der mit Bil­dern des bel­gi­schen Kin­der­buch­künst­lers. Die Illus­tra­tio­nen erin­nern sehr an das Ori­gi­nal, fal­len die­ses Mal aber detail­lier­ter und üppi­ger aus.

Bestimmt sind sie nicht jeder­manns Sache, so kunst­voll sie auch sein mögen. Alle Figu­ren haben nur mas­ken­hafte Gesich­ter und eine Mimik wie ein­g­schla­fen. Emo­tio­nen deu­ten sich höchs­tens mini­mal an. Aber in ihrer Ernst­haf­tig­keit, ihrer zur Schau gestell­ten Meta­pho­rik und ihrer Pla­ka­ti­vi­tät unter­stüt­zen die Bil­der die Geschichte. Sie regen zum gedank­li­chen Abschwei­fen an, zum Suchen nach dem Sinn – und las­sen so die Bedeu­tung hin­ter der Geschichter stär­ker zum Vor­schein kommen. 

Es geht um Wün­sche, die so tief sit­zen, dass sie nicht uner­füllt blei­ben kön­nen. Darum, den ande­ren nicht nur so zu lie­ben, wie man ihn haben will, son­dern so, wie er ist. Man muss es nur schaf­fen, auf­ein­an­der zu zu gehen. Es geht um gesell­schaft­li­che Kon­ven­tio­nen und darum, sich über sie hin­weg­set­zen zu kön­nen. Bis man (bzw. Mama) denkt: „Das Leben einer Hexe ist eigent­lich ganz nett.”

Das ist ermun­ternd, im Klei­nen wie im Gro­ßen. Und es hilft nicht nur Feen, die mit Rol­len­bil­dern oder gar ihrer Iden­ti­tät hadern, son­dern auch Eltern, die viel­leicht allzu klare Vor­stel­lun­gen von Rich­tig oder Falsch haben.


Von: Bri­gitte Minne, illus­triert von Carll Cneut, neu über­setzt von Rolf Erdorf
Ver­lag: Bohem Press
Bil­der­buch ab 3 Jahren
ISBN: 978–3959390477
Gebun­dene Aus­gabe: 48 Seiten
For­mat: 23,5 x 1,5 x 30,4 cm
Categories: ab 3 Jahren
Matti Hartmann: Matti Hartmann ist im Hauptberuf freier Journalist und nebenher Vater von drei Kindern. Oder andersherum. Außerdem Bücherfreund. Und weil sich das alles prima unter einen Hut bringen lässt, wenn man eine Kinderbuchseite betreibt, macht er genau das auch noch.
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